Der ELF- und ULF Bereich 3Hz...25 kHz

Sferics -  Entstehung, Beobachtung und Messung

Wolfgang Schippke, DC3MF


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Sferics sind elektromagnetische Impulse, die ihren Auslöser im Wettergeschehen innerhalb der Troposphäre haben. Die größte Quelle von Sferics sind Blitze, die neben der Luminiszenzerscheinung ein sehr breitbandiges elektromagnetisches Signal aussenden, das sich über tausende von Kilometern ausbreiten kann. Neben Gewitterfronten entstehen Sferics auch im Vorfeld von großen Tiefdrucksystemen und, so wurde erst vor einigen Jahren festgestellt, auch innerhalb von Tornados.

Abbildung 1) Sferic, der nur in einem eng begrenzten Bereich zwischen 6.6 und 21.5 kHz auftrat (Aufnahme: 02.Jan.2001 gegen 06:00 UTC)


Sferics kennt jeder, der ein Radio besitzt. Ein Sferics äußert sich in einem kurzen, mehr oder weniger lautem Knack-Geräusch, das innerhalb des gesamten elektromagnetischen Spektrum gehört werden kann. Bereits 1889 vielen den Telefontechnikern auf der Zugspitze, die mit einem Kopfhörer die Signale einer vielen hundert Meter langen Telefonleitung kontrollierten, neben eigenartigen Pfeifgeräuschen (Whistlern) auch Kanck-Geräusche auf, deren Stärke und Intensität starke Schwankungen zeigten. Mit Entwicklung leistungsfähiger Verstärker und Audio-Analyser vor dem zweiten Weltkrieg erkannte Eckersley   und später Backhausen , daß diese Kanck-Geräusche eine direkte Korrelation zu Gewittern haben. Bereits Anfang der vierziger Jahre war auch klar, daß neben Gewittern in unmittelbarer Umgebung des Beobachtungspunktes, auch Blitze in weit entfernten Gewittern (> 1000 km) ein solches Kanck-Geräusch verursachen können.

Erst später, nach dem noch genauere Meßmittel zur Verfügung standen wurde festgestellt, daß ein Sferic eine so hohe elektromagnetische Energie aufweist, daß er von einigen wenigen Herz bis in den hohen, teilweise sogar sehr hohen Megaherz-Bereich reicht. Neuere Messungen, die in den 70ziger Jahren von Weidman  durchgeführt wurden, zeigen daß Gewitter bedingte Sferics ihr Maximum unter 20 kHz aufweisen, während Sferics, deren Ursache in heranziehenden Tiefdruckgebieten liegt ihr Maximum um 30 kHz aufweisen. Torndo Sferics haben ein relatives Maximum im hohen MHz Bereich und Messungen der NOAA zeigen zum einen ein Maximum bei 30 MHz und ein zweites bei 55 MHz.

Gewitter bedingte Sferics werden zum einem über die Bodenwelle ausgebreitet, wobei eine recht hohe Dämpfung beobachtet wird. Zum anderen werden Sferics von weit entfernten Zentren wie in einem Hohleiter transportiert. Die Obergrenze des Holhleiters ist hierbei die tagaktive D-Schicht und nach deren Rekombination die darüber liegende E-Schicht. Diese Art der Ausbreitung ist relativ verlustfrei, so daß Sferics auch von Zentren über 6000 km beobachtet werden können. Besonders auf Frequenzen unterhalb von 30 kHz ist diese Art der Übertragung mit einer Dämpfung von nur 1 bis 4 dB/1000 km behaftet. So können, eine hohe Empfindlichkeit der Meßstation vorausgesetzt, Sferics auch in der Antarktis von Gewittern in den USA oder Kanada nachgewiesen werden.

Auf Grund dieses Ausbreitungsmechanismus kann über die Analyse eines Sferics auf die Elektronendichte innerhalb der D- und der E-Schicht geschlossen werden.

Ein typischer Sferic, so die zahllosen Untersuchungen tritt am Häufigsten zwischen den Mittagsstunden und den Abendstunden auf. Da dies nicht unbedingt mit der Entstehung von Gewittern z.B. in Südamerika übereinstimmt (Zeitverschiebung) kann daraus gefolgert werden, daß Sferics eher entlang von Magnetfeldlinien transportiert werden, als quer zu den Feldlinien.

Ein typischer Sferic ist extrem kurz und dauert nur zwischen 4µS und wenigen mS. Viele Untersuchungen zeigen neben einem relativen Feldstärkemaximum bei 9 kHz und einem zweiten bei 19 kHz eine mittlere Dauer von 500µS. In einem Spektrogram ist ein Sferic an einem vertikalen Strich erkennbar. Zahlreiche Untersuchungen an der Station in der Nähe von Fürth zeigen, daß die Feldstärke innerhalb des ELF und VLF Bereiches extrem starken Schwankungen unterzogen ist, deren Ursache sowohl im Zustand der Ionosphären-Unterkante, als auch am Erdboden zu suchen ist.
 
Abbildung 2) Einfache Funkwellenausbreitung im Längstwellenbereich (aus: S. A. Cummer, LIGHTNING AND IONOSPHERIC REMOTE SENSING USING VLF/ELF RADIO ATMOSPHERICS, Dissertation, August 1997)
Abbildung 3) Typischer Amplitudenverlauf, gemessen in nT/Hz zwischen 5 Hz und 40 kHz (Quelle: vgl. Abbildung2)

Der typische Amplitudenverlauf eines Sferics ist auch innerhalb des ELF- VLF Bereiches stark frequenzabhängig. Abbildung 2 zeigt einen typischen Amplitudenverlauf eines Sferiks, wie er aus zahllosen Messungen gemittelt wurde.

Messungen an mehr als 500 Sferics, die in Fürth gemacht wurden, zeigen daß das relative Maximum von Sferics auf folgenden Frequenzen zu finden ist. Einmal und hier liegen mehr als 50% aller Sferics ist dies der Bereich zwischen 5 und 8000 Hz, zum zweiten der Bereich um 50 kHz und ein letzter bei ca. 120 kHz. Sferics, die im Bereich unter 10 kHz auftreten weisen die größten nt/Hz Werte auf. Diese Sferics stammen, so wird vermutet, hauptsächlich aus Gewittern, die mehr als 1000 km vom Beobachtungsort entfernt sind. Die beiden anderen relativen Maxima stammen aus meterologischen Vorgängen in der unteren Atmosphäre. Schon seit einigen Jahren beschäftigen sich einige Wissenschaftler  mit der Frage ob Sferics einen mittel- oder unmittelbaren Zusammenhang mit Wetterbedingten Schmerzen bei Menschen haben.

Neben diesen sehr breitbandigen Sferics, existieren auch extrem langswellige Sferics, die nur auf Frequenzen unterhalb von 10 Hz auftreten und ihre Entstehung im Erdinneren haben. Erst seit einigen Jahren weiß man, daß kurz vor dem Auftreten von Erdbeben, diese Art der Sferics entstehen und die größte Amplitude um 3 Hz aufweisen. Auch hier vermuten Wissenschaftler, daß diese Wellen von Tieren empfangen werden können und zu dem hinreichend bekannten Verhalten in der Tierwelt vor Erdbeben führen. Allerdings gelten diese Hypothesen als derzeit nicht gesichert.
 
 
Abbildung 4) Gruppe von Sferics im Frequenzbereich zwischen 2 und 22 kHz. (Aufgenommen am 06. Jan. 2001 gegen 08:00 UTC)
Abbildung 5) Drei-Dimensionale Darstellung eines Sferics zwischen 5 und 23 kHz. Sehr deutlich sieht man an dieser Darstellung das Amplitudenmaximum des Sferics zwischen 4 und 8.5 kHz. (Aufgenommen am 24.12.200 gegen 15:30 UTC in der Nähe von Fürth)

Es scheint, daß bei sehr sensiblen Menschen eine Veränderung der Alfa- und Beta-Wellen des Gehirns in direktem Zusammenhang mit der relativen Häufung von Sferiks stehen . Einige andere Wissenschaftler gehen noch weiter und behaupten, daß das hektische Verhalten von Bienen vor einem Gewitter in direkter Korrelanz zu den elektromagnetischen Feldern von Bitzen steht. Noch weiter gehen einige amerikanische Forscher, die das altbekannte Verhalten von Fröschen als Wetterindikator nur daher rührt, daß Tiere besonders sensibel für elektromagnetische Wellenfronten sind und darüber hinaus die extrem kurzen Sferic Signale auswerten können.

Abbildung 6) Sehr einfache, aber funktionierende Anpassung einer Rahmenantenne an die Soundkarte im Rechner (nach IK1QFK).


Um Sferics beobachten zu können ist neben einer sesiblen Antenne, ein Vorverstärker und ein Rechner notwendig. Wie überall im Radiowellenbereich gilt gerade im unteren Frequenzbereich, daß eine Antenne der beste Empfänger ist. Dies ist aber nur in sehr wenigen Fällen möglich, da die Wellenlänge mehrere Kilometer umfaßt (30 kHz sind 10 km Wellenlänge und 3 kHz entsprechen 100 km). An der Meßstation in Fürth werden neben einer 50 Meter langen Drahtantenne auch  Ferrit- und Rahmenantennen verwendet, die über einen Vorverstärker mit einem sehr hochohmigen Eingang direkt mit der Soundkarte in einem PC verbunden ist.

Die Rahmenantenne weist eine Fläche von 2.5 m² auf und ist mit 24 Windungen bewickelt. Die Ausrich-tung beträgt Ost-West. Eine weitere Rahmenantenne steht senkrecht zur ersten und hat die selben Daten. Über einen Übertrager dessen Mittelanzapfung auf Masse liegt, sind die Antennen mit einem Vorverstärker verbunden. Diese Vorverstärker sind so ausgelegt, daß sie den Frequenzbereich zwischen 10 Hz und 25 kHz überstreichen.

Die verwendeten Feritantennen, die im Regelfalle auf Grund der bedeutend geringeren Fläche, nicht so selektiv wie die Rahmenantennen sind, sind 30 cm lang und haben einen Durchmesser von 22 mm. Sie sind mit ca. 500 Windungen HF-Litze bewickelt und werden direkt, an den Verstärker angeschlossen.

Für die 50 Meter Langdrahtantenne ist ein eigener Verstärker mit einem Feldeffekt-Transistor und einer Anpaßstufe aufgebaut worden. Diese Antenne liefert die besten Resultate.

Nach der unmittelbaren Verstärkung und Anpaßung wird das Signal dem Line-Eingang einer Soundkarte zugeführt. Zur Auswertung des Frequenzbereiches von 3 Hz bis 24 kHz dient eine FFT-Analysesoftware (z.B. Gram50, das kostenlos im Internet zu bekommen ist).

Ein sehr gutes Programm zur Darstellung des Frequenzbereiches von 200 Hz bis 23.7 kHz ist das Programm GRAM5, das es als Freeware im Internet gibt. Einen schnellen Rechner vorausgesetzt, können so Messungen bis zu 10 µS problemlos durchgeführt werden.

Bei Beobachtungen mit einer solchen Anlage in der Nähe von bebautem Gebiet erhebliche Störungen durch die 50 Hz Netzfrequenz, oder auch in der Nähe von Eisenbahnlinien durch die 17²/3 Hz Stromversorgung, auftreten sollte mit einer geeigneten Software das aufgenommene File mit einem extrem schalen Filter weiter bearbeitet werden. Hier wird mit der Software Goldwave gearbeitet. Hier hat die angebotene Filterfunktion Noise Reduction gegenüber anderer Software überzeugt.


Abbildung 7) Etwas aufwendigere Schaltung zwischen Antenne und Rechner, die eine sehr hohe Verstärkung aufweist (nach IK1QFK)

Wie bereits schon kurz angeschnitten wird die Antenne über den Vorverstärker mit der Soundkarte des Rechners verbunden. Der in Fürth verwendete Rechner ist eine 800 MHz Maschiene mit 128 MB RAM. Mit der Goldwave Software wird mit einer Sample Rate von 44 kHz das an der Soundkarte anliegende Signal mit einem Zeitintervall von 30 Sekunden aufgezeichnet. Anschließend wird das Signal, das nun als abspielbare WAV Datei vorliegt mit dem Filter bearbeitet und nochmals digital verstärkt. Nach Abspeicherung der Signaldatei wird das File mit der Gram Software dargestellt und analysiert.

Neben Sferics senden auch eine Reihe von meist militärischen Stationen im Frequenzbereich unter 24 kHz, die mit der Sferics-Empfangsanlage empfangen und ausgewertet werden können. Abbildung 8 zeigt eine solche Auswertung.


Abbildung 8) Amplitudenverlauf zwischen 40 Hz und 23.5 kHz, wie er mit der Meßstation in Fürth ermittelt werden kann. Zur Verdeutlichung sind die Einzelnen Sender ausgewiesen (Messung durch W.Schippke, Fürth 2001)


Weiterführende Literatur

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[11] H.-D. Betz, R. Kulzer A. Gerl, W. P. Oettinger, B. Eisert, D. Jakubassa „On the Correlation between VLF-Atmospherics and Meteorological Data“, Proc. 23rd Int. Conference on Lightning Protection (ICLP), Firenze 1996, p. 203-208